Chronik

Gründungsjahre nach dem Zweiten Weltkrieg

Nach Auflösung der 1919 von Otto Lummitzsch gegründeten Technischen Nothilfe durch die Hauptsiegermächte 1945 wurde Lummitzsch am 22. August 1950 vom damaligen Bundesminister des Innern, Gustav Heinemann, beauftragt, unter der Bezeichnung „Ziviler Ordnungsdienst“ eine ähnliche Organisation für die Bundesrepublik aufzubauen. Einen Monat später, am 16. September 1950, erhielt Lummitzsch von Heinemann den Auftrag, mit „den Arbeiten für die Aufstellung eines zivilen Ordnungsdienstes“ zu beginnen. Ab 20. Oktober 1951 wurde die Bezeichnung „Technisches Hilfswerk“ (THW) offiziell; diese Wortschöpfung war nicht neu, sondern bereits Titel einer TN-Werbebroschüre von 1920 gewesen.

In Erinnerung an die Erfahrungen mit der Technischen Nothilfe waren die Jahre 1950 und 1951 unter anderem durch Konflikte mit den Arbeitnehmervertretern gekennzeichnet. Insbesondere der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) sowie die IG Metall sahen im neu aufgestellten THW zuvorderst eine „Streikbrecherorganisation“.[11] Solche Vorbehalte verstärkten sich angesichts der offenkundigen personellen Kontinuität des THW-Führungspersonals. Neben Otto Lummitzsch übernahmen u. a. mit Erich Hampe (ehemals stellvertretender TN-Chef und seit 1952 – auch offiziell – im Bundesinnenministerium für den Aufbau des THW zuständig), Dr. Ludwig Röthenmeier und Josef Fornoni drei weitere ehemalige TN-Gründungsfiguren leitende Positionen im THW. Fornoni und Röthemeier waren bis 1945 im Reichsamt Technische Nothilfe tätig und bekleideten zum Kriegsende Generalsränge der Polizei. Neben der Tradition als „Streikbrecher“ war die NS-Vergangenheit seines Führungspersonals entscheidend für die gewerkschaftlichen sowie auch sozialdemokratischen Vorbehalte gegenüber der THW-Gründung. Durch die Konzentration auf andere Tätigkeitsfelder wie den Katastrophenschutz rückten diese Bedenken in den Hintergrund.[12]

Bereits im Februar und März 1953 wurde der erste Auslandseinsatz durchgeführt (Sturmflutkatastrophe in den Niederlanden). Dieser führte durch die positive Berichterstattung zu einer Steigerung der Akzeptanz des THW und zu einem regen Zulauf neuer Einsatzkräfte. Am 25. August 1953 wurde das THW durch den Errichtungserlass vom Bundesministerium des Innern eine nicht-rechtsfähige Bundesanstalt und diesem direkt unterstellt.[13] Das THW wurde unter anderem mit technischen Diensten im zivilen Luftschutz (später Zivilschutz) betraut.[14]

THW im Luftschutz und im Erweiterten Katastrophenschutz

 

Leicht absetzbarer Koffer LAK II auf einem THW-L60 der ehemaligen NVA

Seit 1955 wurde das THW als Träger des Bergungs- und Instandsetzungsdienstes in den Luftschutzhilfsdienst (LSHD) einbezogen.[15] Im Sommer 1955 verfügte das THW über 343 Ortsverbände. Je ein Landesverband wurde in den einzelnen Bundesländern eingerichtet. Mit Gründung der Bundesdienststelle für zivilen Bevölkerungsschutz im Jahre 1957[16] wurde das THW in diese Behörde eingegliedert. Der Personalbedarf wurde schnell gedeckt. Das große Problem der Anfangsjahre war die fehlende technische Ausstattung. Dabei schaffte Eigeninitiative Abhilfe, sodass viele Fahrzeuge damals im Privateigentum standen. Einige Ortsverbände waren ausschließlich mit einer Schubkarre zum Transport ausgestattet.

In den folgenden Jahrzehnten wurde die Ausrüstung, insbesondere durch die Ausstattung mit modernen Gerätekraftwagen (GKW) und Mannschaftstransportwagen (MTW), vervollständigt und modernisiert. Zudem wurde das THW insbesondere in den 1970er Jahren stärker von Hilfsdiensten in einem möglichen Kriegsfall auf den Einsatz bei Not- und Katastrophenlagen in Friedenszeiten ausgerichtet, analog zu anderen Einrichtungen des Zivilschutzes. Parallel stiegen die für das THW vorgesehenen Mittel im Bundeshaushalt von 8 Millionen D-Mark im Jahr 1970 auf mehr als 100 Millionen D-Mark in den 1980er Jahren.[17] Seit der deutschen Wiedervereinigung befinden sich nicht nur Kraftfahrzeuge der Bundeswehr in den Reihen des THW, sondern auch Fahrzeuge der ehemaligen NVA wurden in die Ortsverbände integriert.

Umorganisation nach dem Ende des Kalten Krieges

Infolge des THW-Helferrechtsgesetzes vom 22. Januar 1990 wurde das THW am 1. Januar 1993 aus dem inzwischen so benannten Bundesamt für Zivilschutz herausgelöst und besteht fortan als unmittelbar nachgeordnete Bundesoberbehörde des Bundesinnenministeriums fort.

Im Jahr 1994 wurde aufgrund der weltpolitisch veränderten Lage eine Umorganisation erforderlich. Die Bergungs- und Instandsetzungszüge wurden aufgelöst und in flexiblere Technische Züge mit Fachgruppe (z. B. Infrastruktur oder Beleuchtung) aufgeteilt. Einige Teileinheiten des THW wurden damals an die örtlichen Feuerwehren (z. B. ABC-Züge) oder Sanitätsorganisationen (z. B. Fernmeldezüge) abgegeben und der Schwerpunkt wieder mehr auf die technische Hilfeleistung und den Bergungsdienst gelegt.

2020 stellte die Arbeitsgruppe Kritische Infrastrukturen (AG KRITIS) mit dem Cyber-Hilfswerk (CHW) ein mit BBK und BSI diskutiertes Konzept vor, das ehrenamtlich Ausgebildete und Fachkräfte von Privatunternehmen bei „Großschadenslagen“ der IT-Sicherheit als unterstützende Kräfte zuführen soll.[18]

Internationalisierung und ZMZ

Neben den nationalen Aufgaben ist das THW auch zunehmend in internationale Strukturen eingebunden. Die Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen, wie etwa in der seit 1991 bestehenden International Search and Rescue Advisory Group, wurde intensiviert.[19] Am Katastrophenschutzverfahren der Europäischen Union („EU-Mechanismus“) ist das THW seit 2001 mit verschiedenen Einheiten und Modulen beteiligt.[20]

Am 8. Dezember 2008 unterzeichneten der Präsident des Technischen Hilfswerks, Albrecht Broemme, und der Generalinspekteur der Bundeswehr, General Wolfgang Schneiderhan, ein „Kooperationsprotokoll zwischen dem Bundesministerium des Innern, vertreten durch die Bundesanstalt Technisches Hilfswerk, und dem Bundesministerium der Verteidigung über die Zusammenarbeit bei Hilfeleistungen im In- und Ausland“. Danach kann das THW im Rahmen der Zivil-Militärischen Zusammenarbeit (ZMZ) Liegenschaften der Bundeswehr mitnutzen sowie gegenseitige Ausbildungsunterstützung leisten. Für Auslandseinsätze des THW wurden Vereinbarungen zum Mitflug von THW-Helfern in Transportflugzeugen der Bundeswehr, der medizinischen Mitversorgung von THW-Helfern in Einsatzsanitätseinrichtungen der Bundeswehr und zu verschiedenen Maßnahmen logistischer Unterstützung, z. B. Einbindung der THW-Helfer in die Feldpost- und Bargeldversorgung, getroffen.

Quelle: Wikipedia (https://de.wikipedia.org/wiki/Technisches_Hilfswerk)